1 Frage, 5 Meinungen: Lust auf Tierprodukte – Was tun?

Manchmal ist es ja gar nicht so einfach, das Vegansein. Was passiert mit der Lust auf Fleisch oder andere Tierprodukte? Auch wenn wir in der Redaktion sämtlich davon überzeugt sind, mit dem Schritt in die pflanzliche Ernährung eine der besten Entscheidungen unseres Lebens getroffen zu haben, wären wir Lügner*innen – und das nicht einmal besonders gute – wenn wir nicht zugäben, dass es manchmal gar nicht so einfach ist, den Gelüsten nach tierischen Produkten, die uns vor allem in der Anfangszeit nach dem Umstieg immer mal wieder heimsuchen können, Herr zu werden.

Und weil wir wissen, dass wir mit solchen Problemchen nicht alleine sind, haben wir uns auf die Suche begeben nach 5 Antworten zu einer wirklich prominenten Frage:

Was machen Veganer*innen, wenn sie Lust auf Käse haben?

Die Antworten, die wir bekommen haben, sind mindestens so unterschiedlich, wie die Menschen, die sie gegeben haben. Und wer weiß – vielleicht ist der perfekte Trick für dich dabei?

DÖRTHE EICKELBERG

ARTE-Moderatorin (X:ENIUS)

Für Veganer mit Käse-Schwäche ist Frankreich ein gefährliches Pflaster. „Fromage, Fromage!“ So rufen meine Kollegen, wenn auf meinen häufigen Drehreisen wieder die unausweichliche Käse-Platte die Runde macht. Dann hilft nur eins: Counter-Käse! Ich zücke Oliven-Tapenade, Guacemole, Hummus, Cashew-Creme und alles, was sonst noch von der Idee her mit auf den Teller passen würde. So können wir gemeinsam schlemmen – jeder auf seine Art.

So lässt es sich entspannt leben, nicht wahr?

SEBASTIAN COPIEN

Kochbuchautor und Tausendsassa

Sebastian hat uns eine unglaublich bereichernde Antwort gegeben, finden wir: Neben ein paar guten theoretischen Tipps hat er uns auch gleich ein Rezept aus seinem neuen Buch FIT-MIX – vegane Blitzrezepte aus dem Mixer mitgegeben, das uns den Heißhunger auf Käse sowas von garantiert vergessen lässt. Aber lest selbst:

Bei Heißhunger auf Fleisch, Käse etc. ist es am besten, wenn man sich einfach mal kurz an einen ruhigen Platz setzt, die Augen schließt, mehrfach tief durchatmet und jetzt kommt der Trick: Dann stellst du dir vor, wie du z.B. das Stück Fleisch, das bei dir in deinen Gedanken den Heißhunger ausgelöst hat, in deinen Mund schiebst. Stell dir vor, wie du es isst und wie es schmeckt. Danach versuche, dich reinzufühlen, wie es dir jetzt und vor allem deinem Körper geht. Fühlst du dich fit und kraftvoll oder eher schlapp und müde? Unser Körper gibt und recht schnell Feedback dazu. Ich habe das in meinen Kursen schon mit vielen Hundert Menschen getestet. Das Ergebnis (eine ausgewogene vegane Ernährung vorausgesetzt) ist bei den meisten ein deutlicher Kraftverlust und Zunahme von Müdigkeit. Wenn man das dann spürt und wahrnimmt, ist die Lust auf z.B. das Fleisch oder Käse recht schnell vergangen. Das klappt bei 80% der Menschen, die sich wirklich darauf einlassen, das im Geiste voll mitzu“spielen“. Und wenn man auf die geistigen Spielchen keine Lust hat, dann kocht man sich einfach was Deftiges. 

SOPHIA HOFFMANN

 Köchin und Kochbuchautorin

Sophia ist längst ein bekanntes Gesicht in der veganen Szene: Charmant, schlagfertig und voller kreativer Ideen bekocht sie seit 2012 ihre Gäste in verschiedenen Supper Clubs und wird nicht müde, neue Rezepte zu entwickeln. Ihr erstes Buch „Sophias vegane Welt“ und ihr neues Buch „Vegan Queens“ (erschienen September 2016) zeugen davon. Auf unsere Frage nach ihren Erfahrungen mit der Lust nach Fleisch, Käse & Co. hat sie uns aber jetzt schon Antwort gegeben:

Als Neu-Vegetarier fand ich den Geruch von Grillhähnchen manchmal noch sehr verlockend. So hatte ich ja auch meinen ersten „Rückfall“ nach meiner Teenager-Vegetarier-Phase betrunken auf dem Münchner Oktoberfest, wo ich mich gierig in ein halbes Hendl verbiß, damals nach dem Motto „Aber es schmeckt halt so gut!“.

Später, als ich zum zweiten Mal Vegetarierin wurde, lebte ich schon in Neukölln. Wenn ich es nicht mehr aushielt, radelte ich die Sonnenallee entlang und sog den Geruch der dortigen Imbissbuden in mich auf. Das reichte. Seit ich vegan bin, bin ich vom Fleischhunger und der Idee, Fleisch zu essen, sehr weit weg, weshalb mich Fleischersatz-Produkte kaum interessieren, aber die Lust nach Käsig-Sahnigem überkommt mich schon manchmal, vor allem wenn ich verkatert bin. Perfekt sind dann die weltbesten veganen Mac’n Cheese im Let It Be , dem Lokal meiner Freundin Nina, das zum Glück bei mir um die Ecke liegt.

Oder ich mache mir eine schnelle Pasta mit Pilzrahmsoße aus selbstgemachter Mandelsahne. Und Mayonnaise ist für mich auch so ein comfort food. Egal ob mit Pommes oder zu Ofengemüse (als Aioli). Heute mache ich sie selber aus Aquafaba, das funktioniert hervorragend und man schmeckt keinen Unterschied zu konventioneller Mayo. Viele dieser Rezepte finden sich übrigens auf meinem YouTube Channel „Sophias vegane Welt“, dort gibt es eine eigene Playlist mit dem Namen „Katerkochen“.

Wir sehen: Alternativen gibt es viele! Man muss sich – wie das alte Sprichwort ganz richtig besagt – nur zu helfen wissen…

Hier gibt es Sophias Bücher zu bestellen: Sophias Bücher

PATRIK BOLK

Journalist und Kochbuchautor

Mal so ganz unter uns: Ich empfehle in meinen Büchern wirklich mit Überzeugung immer wieder, auf Ersatzprodukte zu verzichten, weil sie gesundheitlich echt nicht der Hit sind. Aber wenn ich in einem veganen Restaurant Tofu-Currywurst und Burger auf der Karte entdecke: Sofort her damit! Es ist so schwer, diese Gewohnheiten wieder rauszubekommen! Gelegentlich gönne ich mir das Nachgeben daher, gibt ja auch echt alles „in vegan“. Manches finde ich allerdings schon absurd: Warum muss man allen Ernstes unbedingt Hähnchenschenkel oder einen halben Truthahn nachbauen? Nö, danke.

Viele „Fake-Rezepte“ von Patrick gibt es in seinem Kochbuch „So geht vegan!“ und auf seiner Website: www.patrickbolk.de.

SEBASTIAN JOY

Geschäftsführer beim VEBU

Ich empfehle, Bilder von „Massentierhaltung“ zu googeln. Auch auf vebu.de kann man sich nochmal die Gründe vor Augen führen, warum man tierische Nahrungsmittel eben nicht essen möchte. Falls das Internet gerade nicht tut, kann man auch 20-mal schnell hintereinander je nach Bedarf „Antibiotikaresistenz“ oder „Schlachthausabfälle“ oder „Eitereuter“ sagen. Auch gut finde ich, an osteuropäische Arbeiter in Schlachtbetrieben zu denken, die dort gerade ihre 13 Stunden Blut-Schicht schieben. Oder man kann auch einfach ein Stück Fleisch oder Käse essen, wenn man das unbedingt will.