10 Fragen an… Sohra Behmanesh

Wir möchten euch in „10 Fragen“ Menschen vorstellen, deren Lebensweg eng mit der Entscheidung, pflanzenbetont zu leben, verknüpft ist. Wir wollen sie löchern und genau wissen, was sie antreibt, was ihr Lieblingsgemüse ist und warum. Dieses Mal widmen wir uns dem Thema „Kinder und vegane Ernährung“. Wer würde da besser passen als TofuFamily(.de) Gründerin Sohra Behmanesh, die im Interview zugibt, derzeit morgens schwer aus dem Bett zu kommen. Warum? Das erklärt sie euch selbst.

Was hast du heute Morgen gefrühstückt?

Heute Morgen war’s tatsächlich etwas opulenter, weil mein Mann und ich Jahrestag hatten: frische Brötchen, Rührtofu und Croissants. Normalerweise bin ich aber nicht so der Frühstücksfan und esse morgens mehr aus Pflichtgefühl einen kleinen Happen, wenn überhaupt.

Was machst du beruflich und warum?

Ich bin gerade in den letzten Zügen meines Masterstudiums und werde Lehrerin. Zusätzlich mache ich noch eine Weiterbildung zum „Schulfach Glück“ und ein Training für PädagogInnen in Gewaltfreier Kommunikation. Ich arbeite gerne mit Kindern und Jugendlichen und habe mir Schule immer anders gewünscht, als das, was in Regelschulen so los war und ist. Ich glaube an beziehungsorientierte Lehrerschaft, selbstbestimmtes, angstfreies Lernen und daran, dass Schule mehr sein sollte, als uns zur Berufsausbildung zu qualifizieren. Ich habe früher für NGOs im Bereich Tierrechte und Entwicklungszusammenarbeit gearbeitet, habe mir aber einen lebendigeren und dennoch sinnvollen Job gewünscht, bei dem ich nicht den ganzen Tag vor dem Computer sitze – meinen Weg sehe ich in der Reformpädagogik. Und durch TofuFamily.de bleibe ich ja weiterhin für Tierrechte und Veganismus aktiv.

Wie kamst du zur veganen bzw. vegetarischen Ernährung?

Ich hatte mit Tieren eigentlich nichts am Hut und bin aus einer politischen Haltung zum Veganismus gekommen. Mit 19 war ich politisch ziemlich engagiert und kandidierte gerade für die Grünen für den Stadtrat, als meine pazifistische Partei als Regierungspartnerin doch tatsächlich eine Kriegsbeteiligung beschloss! Das war damals der Kosovo-Einsatz und ich war völlig entsetzt. Ich definierte meine politische Haltung explizit über die Ablehnung von Militarismus und Gewalt und war fortan häufiger auf Anti-Kriegs-Demos als auf Wahlkampfveranstaltungen. Und genau in dieser Zeit fiel mir die CD einer veganen Band in die Hand, die in ihrem Booklet etwas von „non-violent lifestyle“ und „cruelty free feetwear“ schrieb. Zuerst verstand ich nicht, was jetzt Fleisch mit Gewalt oder (Leder-)Schuhe mit Grausamkeit zu tun haben sollten – als es dann dämmerte, kapierte ich, dass es nicht mit meinen Werten vereinbar ist, Tiere oder Tierprodukte zu essen und ließ es nach anfänglichem Zögern sein. Das ist jetzt 17 Jahre her und auch wenn ich heute nicht mehr für die Grünen kandidieren würde, hat sich an meiner veganen Überzeugung bis heute nichts geändert.

Dafür stehe ich morgens auf:

Oh, ich tue mich sehr schwer damit, morgens aufzustehen. Ich gehöre mehr so zur gemütlichen Fraktion. Also, wenn mein Sohn mich nicht aus dem Bett treibt, dann die dritte oder vierte Snooze-Erinnerung. Aber da wir unser Familienbett pflegen (wir schlafen alle gemeinsam) gehört die Morgenzeit auch fast zu meiner Lieblingszeit – ich kann mir kaum etwas Schöneres vorstellen, als den Tag damit zu beginnen, mit den Menschen, die ich am meisten liebe, gemeinsam aufzuwachen und zu kuscheln. Ansonsten ist mein Alltag weniger von Idealismus geprägt, als davon, den Kampf gegen meine To-Do-Listen nicht ganz so haushoch zu verlieren… Klappt meistens nicht.

Was hat sich durch die vegane bzw. vegetarische Ernährung für dich verändert?

Vegan zu leben war für mich ein essentieller Schritt dahin, mit meinen Werten in Einklang zu leben. Ich habe aber noch Einiges zu tun!

Dein blinder Fleck oder deine größte Herausforderung im Leben?

Ich lebe vegan, weil ich mir wünsche, dass die Welt ein besserer Ort ist, nicht nur für Menschen – ich wollte schon immer so viel verändern. Ich wünsche mir für alle – Menschen und Tiere – ein Leben in Gewaltfreiheit, Zufriedenheit und Selbstbestimmung. Vegan zu leben ist ein wichtiger Schritt, aber Gewalt (nicht nur im physischen Sinne) findet in so vielen Aspekten unseres Lebens statt und weil wir es nicht anders kennen, finden wir das normal. Aktuell empfinde ich es deshalb als größte Herausforderung, meine Kommunikation gewaltfrei zu gestalten – ich möchte mich lieber für die Gefühle und Bedürfnisse meines (erwachsenen oder kindlichen) Gegenübers interessieren, statt Urteile über sein Verhalten zu fällen. Ich wünsche mir ein empathisches Miteinander, das frei ist von Schuldzuweisungen, Bewertungen und Bestrafungen – ich will, dass sich jeder Mensch richtig fühlen darf. Daran arbeite ich seit einiger Zeit und bin wohl noch eine Weile mit beschäftigt.

Worin siehst du das größte Risiko veganer und vegetarischer Lebensweise oder der Bewegung?

Hybris! Veganismus ist unendlich wichtig und notwendig – aber es ist nicht der einzige Weg, ein guter Mensch zu sein. Ich habe selbst lange gebraucht um das zu verstehen, und heute finde ich es sehr schmerzhaft, wenn VeganerInnen sich selbst als bessere Menschen verstehen, weil diese wertende Abgrenzung nicht zu dem Miteinander beiträgt, das ich mir für uns alle wünsche. Eine Welt ohne Massentierhaltung wäre unaussprechlich großartig, aber ich glaube, wenn wir einander nicht mit dem umfassenden Wunsch nach Verbindung und Empathie begegnen, sind wir dann trotzdem noch weit davon entfernt, in Glück und Frieden miteinander zu leben. Veganismus ist ein essentieller Bestandteil meiner Identifikation und meines Werteverständnisses, aber mittlerweile versuche ich mich in einer ganzheitlicheren Betrachtung dessen, was ich mir in der Welt anders wünsche.

Das willst du allen vegan bzw. nicht-vegan lebenden Menschen sagen:

Abgefahren, dass ihr bis hierhin gelesen habt!

Dein Lieblingsobst und Lieblingsgemüse

Gelten Kakaobohnen? Also jetzt nicht roh oder so, sondern die daraus gewonnene Kakaomasse und Kakaobutter mit Zucker und Fett und so in so Tafeln gegossen… Nee, wa? Na gut, dann nehme ich Ananas und Birnen. Und Himbeeren, Erdbeeren und Heidelbeeren – am liebsten aus meinem Gärtchen. Und Brokkoli und Spinat. Und Avocados!

Das kommende Jahr widme ich besonders diesem Thema…

Baby! Da kommt im Sommer nämlich endlich ein neues! Ich freue mich schon sehr, auch wenn diese zunehmend walrossige Version meiner Selbst morgens nun noch schlechter aus dem Bett kommt… ;-)

Danke Sohra, für dein erfrischendes und schokoladig-süßes Interview. Es war uns eine Ehre! Wir möchten allen veganen oder mit-veganer-Ernährung-liebäugelnden Familien TofuFamily.de wärmstens empfehlen. Alles Gute für dich und deinen Sommerwonneproppen!

Das Interview führte: Julia Katharina Schneider