Vegan in der Schwangerschaft (1)

Sich vegan mit allen relevanten Nährstoffen in der Schwangerschaft zu versorgen, ist sehr gut möglich, setzt aber Wissen voraus.
In der Schwangerschaft sieht sich die Veganerin noch einmal mit größeren Herausforderungen konfrontiert, da der Nährstoffbedarf bei ohnehin für Veganer_innen potentiell kritischen Nährstoffen erhöht ist.
Das bedeutet aber nicht, dass eine vegane Ernährung in der Schwangerschaft nicht möglich wäre. Voraussetzung dafür ist aber, zu wissen, wie – damit Mutter und Kind gut versorgt sind. Um die Möglichkeiten und Herausforderungen darzustellen, sollen in diesem Beitrag die wichtigsten Aspekte einer veganen Ernährung in der Schwangerschaft dargelegt werden. Insbesondere bei Fragen und Unsicherheiten ist eine fachkundige Beratung allerdings ratsam.
In diesem ersten Teil geht es speziell um die Nährstoffe, welche für die Konstellation schwanger – vegan besonders wichtig sind, da sie bedingt durch die vegane Ernährungsweise potentiell kritisch sind und gleichzeitig durch die Schwangerschaft ein Mehrbedarf besteht. Im zweiten Teil wird es um die Nährstoffe gehen, welche für alle Schwangeren (also auch die veganen) aufgrund eines schwangerschaftsbedingten Mehrbedarfs oder potenzieller Mangelversorgung generell wichtig sind.

Höherer Nährstoff- als Energiebedarf

Der Nährstoffbedarf in der Schwangerschaft ist in einem größeren Maß erhöht als der Energiebedarf. Bezogen auf die gesamte Schwangerschaft braucht der Körper trotz der Höchstleistungen, die er vollbringt, nur ca. 250 kcal pro Tag mehr – also eine Brotscheibe mit Margarine und veganem Aufstrich. Um dem erhöhten Nährstoffbedarf gerecht zu werden, ist es sinnvoll, viel Wert auf Lebensmittel mit einer hohen Nährstoffdichte zu legen. Diese sind natürlich vor allem pflanzliche Lebensmittel – in Form von Gemüse, Obst, Vollkornprodukten und Hülsenfrüchten. Somit sind sie für eine Veganerin nicht schwer in den Speiseplan zu integrieren.
Die Nährstoffe, bei denen in der Schwangerschaft ein Mehrbedarf besteht, sind: Eiweiß, essentielle Fettsäuren, Vitamin A, C, Folat, Vitamin B2, B6, B12, Eisen, Zink, Jod.und Magnesium. Bei diesen Nährstoffen ist der Bedarf ab dem vierten Schwangerschaftsmonat erhöht. Nur bei Folat besteht bereits bei Beginn der Schwangerschaft ein erhöhter Bedarf.

Protein

Der Eiweißbedarf ist – wie der der meisten anderen Nährstoffe auch – erst ab dem vierten Schwangerschaftsmonat erhöht. Der Mehrbedarf liegt bei 20%.
Hülsenfrüchte, Nüsse und Ölsamen sind in der veganen Ernährungsweise grundlegende Bestandteile, um den täglichen Proteinbedarf zu decken. Diese sollten auch während der Schwangerschaft weiterhin konsumiert werden. Um die Eiweißqualität zu optimieren, ist es sinnvoll, verschiedene pflanzliche Eiweißquellen in einem Gericht zu kombinieren – beispielsweise Hülsenfrüchte mit Kartoffeln oder Getreide.

Omega–3-Fettsäuren

Die Omega-3-Fettsäuren sind wichtig für das Wachstum von Gehirn und Augen beim Ungeborenen und können nicht vom Körper selbst hergestellt werden. In pflanzlichen Lebensmitteln kommt vor allem die ungesättigte Alpha-Linolensäure vor. Die langkettigen, mehrfach ungesättigten Fettsäuren Arachidonsäure und Docohexaensäure sind insbesondere in Fischölen vorhanden. Um eine gute Versorgung mit diesen wichtigen essentiellen Fettsäuren bei der veganen Ernährung sicherzustellen, ist ein obligatorischer Teelöffel Leinöl am Tag zu empfehlen. Eine gute Alternative ist auch die Zufuhr von Leinöl, angereichert mit Mikroalgen (DHA-Öl).

Vitamin B12

Eine gute Vitamin-B12-Versorgung über die Ernährung lässt sich (leider) überwiegend über tierische Lebensmittel erreichen. Pflanzliche Lebensmittel mit ausreichendem Vitamin-B12-Gehalt, um die Versorgung sicherzustellen, sind bislang nicht bekannt (Keller Ifane). Das bedeutet: Wenn auf tierische Produkte verzichtet wird, muss die Versorgung in Form von Supplementen gesichert werden. Der Mehrbedarf in der Schwangerschaft liegt immerhin bei 12% und ein Mangel kann zu schweren Schwangerschaftskomplikationen und Schädigungen beim Kind führen. Ein regelmäßiger Blutcheck, um die Versorgungslage zu überprüfen, ist unerlässlich.

Eisen

Eisen ist Bestandteil des roten Blut- und Muskelfarbstoffs und wichtig für den Sauerstofftransport und die Immunabwehr. Der Bedarf in der Schwangerschaft ist um 100% erhöht. Die Eisenversorgung bei Veganerinnen ist bereits im nichtschwangeren Zustand potentiell kritisch, sodass diesem Nährstoff umso mehr Aufmerksamkeit zukommen sollte.
Gute Eisenquellen sind Hafer, Hirse, Roggen, Amaranth, Quinoa, Kürbiskerne, Sesam, Wirsing, Möhren und Hülsenfrüchte. Die Eisenaufnahme wird durch Vitamin C gefördert und beispielsweise durch Calcium gehemmt. Hier sind alle Tipps und Tricks zum Eisenhaushalt zusammengefasst: https://food-elements.com/ernaehrung/der-eisen-trick/

Jod

Jod ist eines der Schilddrüsenhormone. Es wirkt auf das Wachstum und den Energiehaushalt sowie die fetale Gehirnentwicklung. Für die gesamte Bevölkerung stellt es einen kritischen Nährstoff dar, da die Zufuhrmengen geringer als die Empfehlungen sind. Das bedeutet: Es empfiehlt sich für die schwangere Veganerin, noch einmal besonders auf ihre Jod-Versorgung zu schauen. Ihr Mehrbedarf liegt bei 15%.
Als Quellen kommt die Verwendung von Jodsalz oder Produkte, die mit Jodsalz gesalzen sind, infrage. Es gibt beispielsweise jodreiches Mineralwasser. Eine weitere Jodquelle sind Nori-Algen. Wobei zu beachten ist, dass aus einem Jod-Mangelzustand durch die Zufuhr von Algen schnell eine Jod -Überdosierung erreicht werden kann, weswegen die Algen zunächst in geringen Mengen verzehrt werden sollten. Ist die Versorgung jedoch bereits gesichert, stellen auch größere Mengen der Algen kein Problem dar.
Häufig wird pro forma die Nahrungsergänzung mit Tabletten empfohlen. Es ist jedoch sinnvoll, die Notwendigkeit vorher zu prüfen – auch wenn ein aufwendiger 24h-Urintest gemacht werden muss.

Zink

Dieses Spurenelement ist an vielen Stoffwechselprozessen im Körper beteiligt, unter anderem an der Herstellung von Kohlenhydraten, Fett und Eiweiß. Wichtig ist es außerdem für das Immunsystem. In der Schwangerschaft ist der Bedarf um 40% erhöht. Die Versorgung mit Zink bei Veganer_innen ist (wie bei einigen anderen genannten Nährstoffen) potentiell kritisch und bedarf wegen des erhöhten Mehrbedarfs in der Schwangerschaft große Aufmerksamkeit.
Zink ist in Sojabohnen, Haferflocken, Linsen, Erdnüssen, Cashewkernen und Paranüssen enthalten. Weitere Tipps und Tricks und Infos über Zinkräuber findet ihr hier: https://food-elements.com/ernaehrung/kritische-nahrstoffe-zink/

Vitamin B2

Vitamin B2 ist an der Energiegewinnung, bei der Krankheitsabwehr und der Entwicklung des Embryos beteiligt, der Bedarf ist um 25% erhöht. Wie bei den anderen bis hierher genannten Nährstoffen ist Vitamin B2 für Veganer_innen potentiell kritisch und aufgrund des Mehrbedarfs in der Phase der Schwangerschaft sollte es ebenfalls im Fokus der Aufmerksamkeit stehen.
Für eine gute Versorgung eignen sich Vollkornprodukte, Hülsenfrüchte, Ölsaaten, Nüsse und Pilze. Das Vitamin ist sehr lichtempfindlich und die entsprechenden Lebensmitteln sollten am besten dunkel gelagert werden. Außerdem sollten sie erst nach dem Waschen geschnitten und schonend gegart werden, wobei die Garflüssigkeit idealerweise mitverwendet wird.

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